Nachdem wir von unseren neugewonnenen Russischen Freunden am
Vorabend sicher wieder zum Hotel gebracht worden waren, schliefen alle gut und zufrieden. 3 von uns begannen den Tag als fitte Frühaufsteher, indem wir noch vor dem Frühstück die
Dreifaltigkeitskirche umrundeten, wobei die Morgensonne wahre wiederbelebende Wunder bewirkte. Nach der Stärkung am Frühstücksbuffet besuchten wir die russische Schule, wo diejenigen Schüler, die wir
bereits kannten, sofort begeistert auf uns zustürzten. Bei (laut Julia, die bereits in Russland im Austausch war) ungewöhnlich lockerer Unterrichtsstimmung lernten wir noch viele andere, nicht minder
offene Gleichaltrige kennen, und auch die Lehrerinnen (wir wunderten uns, dass keine Männer unter ihnen waren) entpuppten sich als wahre Sonnenscheine. Vor allem die Englischlehrerin warf mit
Komplimenten ("When you entered this room, the sun began to shine because of your smiles!") und Lebensweisheiten ("We must all see that we are similar, but also accept and learn from our
differences") nur so um sich. Sie war ein richtiges Strahlepaket, genau so wie die Deutschlehrerin in der Stunde danach. Die Schüler- und Lehrerschaft schien extrem stolz zu sein, auf das, was sie
waren, und anstatt normalem Unterricht wohnten wir einer Art Schulshow bei, wobei die Schüler sich und ihre Hobbys vorführten und wir intressante FunFacts über Russland lernten (Die Fläche von
Russland ist nur 500m^2 kleiner als die Oberfläche von Pluto) Es folgte dann eine Privatstunde zeichnen, was eine äuserst interessante Erfahrung war: Mit Wasserfarbkästen, im denen sich eine
sehr glänzige Farbe befand, und mit Pinseln von zweifelhafter качество (=Qualität) mussten wir, nota bene ohne zu wissen, was das Ganze mal werden sollte, Strich für Strich das nachzeichnen, was die
Dame an der Tafel (die optisch sehr der russischen Klischeelehrervorstellung entsprach) uns vormalte. Irgendwann begann sie dann fürs Ambiente noch russische Lieder vorzusingen, während sie mit ihrem
Blumenkleidchen im Zimmer rumtrippelte und unsere eher zweifelhaften Versionen von traditionell russischer Geschirrs-malerei mit 'молодец молодец' komplimentierte. Am Schluss durften wir uns sogar
noch an Papptellern versuchen und die gute Frau Lehrerin liess die Schöpfer ihrer Liebesergebnisse sogar vorne Spalier stehen (bzw machte uns Spalier stehen), damit wir unsere Kreationen in die Runde
halten konnten. Anschliessend besuchten wir noch eine Russischstunde, in der ich mich ehrlich gesagt mehr am Klang der russischen Sprache ergötzte, als ihren Inhalt zu verstehen, während die Lehrerin
klein Wanja in der ersten Reihe immer wieder über den Kopf strich. Ansonsten fühlen wir uns aber eigentlich schon so, dass uns nach nur zwei Tagen bei unserem Deutsch Russisch Sprachmix, den wir mit
den russischen Schülern betreiben immer mehr Vokabular auf Russisch einfällt und wir auch im Radio oder bei Durchsagen immer mehr drauskommen. Nach der Lektion verliessen wir das Klassenzimmer und da
wir noch viele Mitbringselschokolade übrig hatten, begannen wir sie an einige herumstehende kleine Kinder (die jüngsten Schüler sind 6 Jahre alt) zu verteilen. Die Nachricht, dass einige Schweizer
Globis ihre Schoggi loswerden wollten verbreitete sich im nullkommanix und bald kamen von überallher russische Schülerchen angestürmt, die sich die Schokolade gierig und mit leuchtenden Augen gleich
hampfelweise unter den Nagel rissen - ich fühlte mich wie Jesus mit seinen Jüngern, wenn er in ein gläubiges Dorf einzieht.! Wenigstens ist unser ganzes Geschmäus jetzt an Leute gegangen, die es auch
zu schätzen wissen. Am Mittag wuschen wir uns alle an den Brünneli beim Mensaeingang die Hände und spiesen den überraschend guten Zmittag, der Borschtsch und einen unidentifizierbaren, sehr süssen
Eistee beinhaltete. Am Nachmittag hiess es wieder: Freiheit! Oder свобода!, und wir machten uns auf die Mitbringsel- Jagd. In einem süssen Antiquitariat kauften wir sowjetische Pins, tranken Kaffee
und die Leute dort hatten eine mega Freude an uns, und wollten unbedingt, dass wie in ihr bisher noch fast leeres Gästebuch schrieben, was wir natürlich mit Freuden taten. Wir fuhren Bus in einer Art
Wohnmobil mit Vorhängen in der eine blecherne Musik tönte, über deren Inhalt und Lautstärke offensichtlich der Fahrer Vollmacht hatte und erfreuten uns ganz im Allgemeinen einfach an Pskov selbst:
Alles ist anders, und das macht es so aufregend! Mitten in Häuserblocks, wo es überhaupt nicht danach aussieht, als könnte man da was kaufen, poppt plötzlich ein Schild ("продукты") auf, das vom
Design her, ganz sicher kein westlicher Verkäufer als Werbung benutzt hätte. Am meisten freut uns der Umgang mit den unglaublich gastfreundlichen Russen, die einem überall ein strahlendes Lächeln
schenken und gnädig unser bröckliges Russisch loben. Wir sind froh, hier so viel Authenzität und Kulturaustausch zu erleben - ganz am Ende des Tages deckten wir uns noch in einem Supermarkt mit Kefir
und Babykopfgrossen Äpfeln (Gentech oder frisch aus Tschernobyl?) ein - für die Folgetage. In denen werden wir nämlich ein ziemlich straffes Programm haben, weshalb wir den Abend auch eher gemütlich
mit Kartenspielen und abwechslungsweise 'oschi tschiornie' und 'i schänke dir mis herz' hören auf unserem Hotelzimmer ausklingen lassen